An den „Beinahe-Christen“

Nicht alle, die sich zu Christus bekennen, folgen Ihm auch wirklich. Nicht jeder, der sich zum christlichen Glauben äußert, kennt zwangsläufig dessen Wahrheit. Verschiedene Warnstellen in der Bibel (z. B. Hebr 2:1–4; 3:7–4:13; 1 Joh 2:19) sowie die Worte Jesu selbst in den Evangelien (z. B. Mt 7:23; 25:41; Lk 13:27) machen deutlich, dass es möglich ist, nach außen hin eine Beziehung zu Jesus zu haben und sogar die Gemeinschaft in einer christlichen Gemeinde zu genießen – und doch am Ende keinen Platz im Himmel zu finden.

Wenn der Eigenwille übernimmt

Manche von uns sind durch Gottes Gnade bereits für die Wahrheit über Jesus Christus aufgewacht. Uns ist die Tiefe unserer eigenen Sündhaftigkeit bewusst geworden. Wir erkennen: Sünde ist nicht bloß ein allgemeines Problem, sondern etwas, das tief in unserem Herzen wohnt. Vielleicht stehen wir sogar unter der Auslegung der Schrift und stimmen vielem zu – insbesondere der Erkenntnis, dass wir Erlösung brauchen.

Doch gerade an diesem Punkt sind wir besonders anfällig dafür, in eine gefährliche Richtung abzubiegen. Der eigene Leistungswille meldet sich zu Wort. Wir denken: Gut, ich bin kaputt, ich habe gesündigt, ich bin ein Sünder, ich verdiene Gottes Gericht. Dann mache ich es eben wie sonst auch – ich nehme die Sache selbst in die Hand und bringe Ordnung rein. Und so fangen wir an, christliche Veranstaltungen zu besuchen, christliche Sprache zu benutzen und uns richtig Mühe zu geben, um ein „guter Christ“ zu sein.

Ein solcher Weg der Selbstanstrengung führt unweigerlich zu einem von zwei Ergebnissen: entweder zu Stolz – wenn wir uns selbst einreden, wir hätten es gut im Griff –, oder zu Verzweiflung – wenn wir erkennen, dass all unser Bemühen letztlich niemals ausreicht. Beides weist darauf hin, dass wir noch nicht wirklich verstanden haben, dass in Christus unsere Verdammnis aufgehoben und unsere Sünden vergeben sind. Nur in Christus kommt Gott durch seinen Geist in unser Herz und befähigt uns, ein Leben zu führen, das ihm wohlgefällt.

Wurzel und Frucht

Einer der schwerwiegendsten Fehler, den wir machen können, ist die Verwechslung von Wurzel und Frucht. Die Bibel lässt keinen Zweifel daran, dass Gott will, dass unser Leben mit dem Evangelium übereinstimmt (vgl. Eph 4:1; Kol 1:10; 1 Thess 2:12) – also dass wir in Heiligkeit und moralischer Lauterkeit leben. Aber ein zunehmend geheiligtes Leben ist immer Frucht der Errettung, niemals ihre Wurzel. Die vollbrachte Erlösung durch Christus und unser Glaube an ihn ist die wahre Wurzel – und daraus wächst die echte Frucht eines geheiligten Lebens.

Vielleicht klingt es für dich wie ein Klischee, aber die klassische evangelistische Frage hilft uns dabei, unser eigenes Herz zu prüfen: Wenn du heute sterben würdest und vor Gottes Richterstuhl stündest – wärst du für ihn annehmbar? Wie antwortest du? Denkst du zuerst an dich selbst und fragst dich, ob du wohl würdig genug bist? Oder weist du von dir selbst weg – auf Christus hin? Wenn wir ehrlich mit uns sind, wissen wir: Selbst das Beste, was wir zustande bringen, ist für Gott allein nicht annehmbar. Aber weil Jesus alles ist, was wir brauchen, weil er alles vollbracht hat und weil wir in ihm zur Ruhe kommen als unserem Retter, können wir dieser Frage mit Zuversicht begegnen.

Prüfe dich selbst

So entchristlicht Europa heute auch sein mag – es gibt immer noch viele Gemeinden mit vielen „Beinahe-Christen“. Es ist leicht, sich mitreißen zu lassen, die Lieder mitzusingen, mitzumachen. Irgendwann hat man das Gefühl, dazuzugehören – und kann sich kaum noch erinnern, wann man kein „Christ“ war.

Aber du musst wissen: Im Himmel gibt es keine Mitgliedschaft durch Zugehörigkeit. Beinahe-Christen kommen beinahe in den Himmel – aber beinahe wird nicht ausreichen.

Als Christ solltest du bereit sein, dir selbst ehrliche, auch unbequeme Fragen zu stellen – so wie es Paulus der Gemeinde in Korinth aufträgt: „Prüft euch selbst, ob ihr im Glauben seid; stellt euch selbst auf die Probe!“ (2. Korinther 13:5). Diese Prüfung mag nicht leicht sein, aber im Kern läuft alles auf eine entscheidende Frage hinaus: Vertraust du auf dich selbst – oder verlässt du dich auf Jesus Christus? Anders gefragt: Ist Christus die Quelle all deiner Hoffnung und Kraft? Hast du anerkannt, dass nur Er gut genug ist – und dass du es niemals sein kannst? Hast du bekannt, dass dich deine eigene Sündhaftigkeit zur Verzweiflung treiben müsste, aber Christus allein dich rein machen kann?

Das ist die wunderbare Botschaft des Evangeliums: Du kannst dich nicht selbst aufrichten – aber du musst auch nicht am Boden bleiben. Denn Christus wird dich tragen. Wenn du Ihm von ganzem Herzen vertraust, dann wird Er dich sicher heimbringen – bis an die ewigen Ufer des Himmels.


Dieser Beitrag erschien zuerst bei  Truth For Life. Übersetzung und Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung.
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